Der Brauch des Richtfests ist eine alte Tradition, die mindestens bis auf das 14. Jahrhundert zurückgeht. Dabei spielen abergläubische, traditionelle und gesellschaftliche Faktoren eine Rolle, denn ein Hausbau hatte früher noch einen völlig anderen Stellenwert. Damals bestand das komplette Haus aus Fachwerk und die ganze Nachbarschaft war am Richten der Hölzer und am Bau des Hauses beteiligt. Im Laufe der Zeit übernahmen mehr und mehr Fachleute diese Arbeit.
Das Richtfest war einerseits Dank an Nachbarn und Dorfgemeinschaft. Andererseits handelt es sich laut Experten um eine „rituelle Form der Zinszahlung und der Abgeltung von Arbeitsleistungen“, dies sei im Mittelalter nicht ungewöhnlich gewesen – das Haus sollte frei von Verbindlichkeiten sein. Zudem spielte der Aberglaube eine entscheidende Rolle: Gott sollte das neue Haus vor Unheil und überirdischen Kräften wie Blitzschlag und Feuer schützen. In seinen Grundzügen ist das Richtfest heutzutage also erhalten geblieben, was sicherlich auch an der sehr seit jeher besonders traditionsbewussten Handwerkerschaft liegt.
Einer unserer Bauherren in Weinstadt, hatte im Februar 2019 gegen Abend zum Richtfest eingeladen. Nach einem Begrüßungssekt ging es für den Bauherren hoch hinaus, um traditionell den letzten Firstnagel zu setzen. Zusammen mit dem Zimmermann, der klassisch den Richtspruch sprach, wurde dann auf das aufgerichtete Dach angestoßen. Im Anschluss hatten die Gäste die Möglichkeit eines ausgiebigen Hausrundganges, um sich ein Bild des Hausprojektes zu machen. Nach der Hausbesichtigung konnten die Freunde und Gäste die Eindrücke auf sich wirken lassen und wurden mit einem guten Essen und Getränken bestens versorgt.